Wohnzimmer

imm cologne: Der Verband der Deutschen Möbelindustrie zu den aktuellen Trends

Karsten Jipp, Koelnmesse
Karsten Jipp, Koelnmesse
  • Individuelle Kombinationsfreude erobert Wohnwelt
  • Regalmodule sind trotz e-book im Kommen
  • Megatrends durchdringen das Wohnen
  • Mid-Century-Stil hat Hochkonjunktur
  • Design will immer nur das Eine

Im Januar fand in Köln die alljährliche imm cologne statt. Hier zeigen Hersteller die neusten Wohn- und Möbeltrends.

Megatrends durchdringen das Wohnen

Unser Leben wird von grundlegenden gesellschaftlichen Einflüssen geprägt. Zur Beschreibung dieser epochalen und weltumschließenden Kräfte dienen „Megatrends“. Megatrends sind die offensichtlichen aber auch die unbemerkten Tiefenströmungen von Gesellschaften, die in unterschiedlichem Maße stattfinden. Megatrends können mehrere Jahrzehnte aktuell sein, denn sie beschreiben Phänomene langfristig und dauerhaft. Somit unterscheiden sie sich deutlich von Trends, Moden und einem kurzfristigen Hype. Die gegenwärtigen Megatrends sind Konnektivität, Female shift, Silver Society, Mobilität, Neo-Ökologie, Gesundheit, New Work, Urbanisierung, Individualisierung, Globalisierung und Neues Lernen.

Sie alle bestimmen die Ansprüche an das Wohnen und die Auswirkungen auf das Produkt Möbel. Alles in allem sind Megatrends Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses, die Welt zu ordnen, ihre Komplexität zu reduzieren und eben die Zukunft berechenbar zu machen. „Wie Menschen denken und leben, so bauen und wohnen sie“, wusste schon Johann Gottfried von Herder vor rund 200 Jahren.

Zugespitzt lassen sich aus der Megatrendforschung und der im Vorfeld der imm cologne 2016 durchgeführten VDM-Ausstellerbefragung folgende wichtige Trends und Tendenzen im Möbel- und Einrichtungsangebot der neuen Saison 2016 ableiten:

Wir werden auf kleinerem Raum wohnen. Die Landflucht ist ungebrochen und die hohen Mieten der Großstädte drängen uns in kleinere Wohnungen. Der ehemals öffentliche Raum der Stadt wird dabei privater. Möbel werden noch einmal multifunktionaler und kleiner.

Ludolf Damen; Koelnmesse
Ludolf Damen; Koelnmesse

Wir werden „gesünder“ Wohnen. Schon heute bevorzugen die Menschen ökologische Materialien. Die Sensibilität für Umwelt und Gesundheit wächst. Unsere Heizungen und Leuchten werden energieeffizienter und unsere Möbel erleben einen Schub Richtung gesunder Bequemlichkeit, ergonomisch optimiert. Höhenverstellbare Küchentheken, Schreibtische und Betten werden verstärkt kommen, ebenso wie Wellness-Apps, die uns zu sportlichen Aktivitäten im eigenen Zuhause motivieren. Mit dem Smart Phone überprüfen wir unsere Lebensmittel und bauen selbst – urban gardening – Kartoffeln an.

Frauen verändern den Grundriss von Wohnungen. Beim Wohnen wird sich im Neubau der offen gestaltete Grundriss weiter durchsetzen. Hier verschmelzen Küche, Essbereich und Wohnzimmer zu einer räumlichen Einheit. Nicht zuletzt, weil die „Hausfrau“ nicht mehr hinter verschlossener Tür in der Küche kocht. Viele neue Möbel sind außerdem material-leicht und handlicher zu bewegen. Selbst die Multifunktionalität zum Beispiel eines Sofas, welches von der Liegewiese zum Sitzmöbel umgewandelt werden kann, ist auch dem Anspruch von Frauen zu verdanken, die unterschiedliche Nutzungseigenschaften von Möbeln heute und in Zukunft erwarten. Ihre eigene dynamische Flexibilität innerhalb der Wohnung braucht ihr Pendant im Möbel. Die Verbannung des Kleiderschrankes aus dem Schlafzimmer ist ebenfalls Frauen zuzuschreiben. Das Monstrum gehört dort nicht hin und bietet außerdem als begehbarer Kleiderschrank mehr Stauraum und Übersicht.

Zukünftige Möbel haben Nostalgiecharakter. Aktuelle Möbelentwürfe sind schlicht und sehr auf ihre Funktion reduziert. Solche Möbel und Accessoires erinnern optisch an vergangene Zeiten. Nostalgie ist heute und in Zukunft deshalb so beliebt, weil sie große Sicherheit gibt. Die Entwürfe geben uns Halt und vor allem Zeitbezug. Das genau in einer Zeit, in der sich alles und jeder ständig selbst überholt, in der die Beschleunigung des Alltags zu nerven beginnt. An die Retrospektive angelehntes Design hat immer dann Konjunktur, wenn Unsicherheiten zunehmen. Denn Retro-Design nimmt uns die Angst vor Geschwindigkeit, ist verlässlich wie ein guter alter Freund. Ob Gartenmöbel, Betten, Schränke oder Sessel: In allen Möbelbereichen sind alt-bekannte Entwurfsqualitäten wiederzufinden. Vielleicht will auch kein neuer Stil so recht in die Gegenwart passen. Das sogenannte Mid-Century-Design, Entwürfe von ca. 1940 bis 1960, ist in der kommenden Saison am gefragtesten.

Karsten Jipp; Koelnmesse
Karsten Jipp; Koelnmesse

Dieser Mid-Century-Charakter hat auch Auswirkungen auf das generelle Volumen von Möbeln. In der aktuellen Saison sind Möbel nämlich tendenziell kleiner als in früheren Jahren. Material wird trotz gleichbleibender Funktionen eingespart, so wie in den sparsameren Zeiten des vergangenen Jahrhunderts.

Outdoor-Homing und das Wohnzimmer unter freiem Himmel. Der Lebensraum Garten, Balkon und Terrasse wird wichtiger. Unsere Investitionen in unseren „Raum unter freiem Himmel“ werden weiter steigen. Das Gefühl von Entspannung und Urlaub wird als Wohlfühlfaktor auf den eigenen Balkon geholt. Outdoormöbel sehen aus wie Indoormöbel und der Gemütlichkeit sind auch draußen keine Grenzen mehr gesetzt. Neben den Möbeln sind es unzählige Outdoor-Accessoires, wie Teppiche, Leuchten, die schnell ein Urlaubsfeeling auf dem eigenen Balkon aufkommen lassen.

Karsten Jipp; Koelnmesse
Karsten Jipp; Koelnmesse

Bad und Küche werden Zwillinge. Dadurch, dass sich die Funktionsbereiche des Wohnens immer mehr entgrenzen und miteinander verschmelzen, wird das Wohnen generell wohnlicher. Der einstige Hygiene-Raum Badezimmer wird ebenso heimelig und gemütlich, wie auch der Funktionsraum Küche einen vor allem behaglichen Charakter bekommt. Waschtisch oder Spülstein, elegante und glatte Möbelfronten, Materialkombinationen aus Holz, Glas und Stein, das alles bei sehr funktionaler LED-Beleuchtung, und so zeigt sich heute eine ästhetische Annäherung der Möbelelemente für diese einst deutlich unterschiedlichen Bereiche. Auch der Holzfußboden ist inzwischen im Bad möglich.

Im Neubau schrumpfen Kinderzimmer. Gleichzeitig wachsen der begehbare Kleiderschrank und das inzwischen zur Wellness-Oase gewordene Badezimmer. Kinderzimmer werden in eine Lernzone und eine Ruhezone klar definiert eingeteilt. Dafür sind smarte, mitwachsende, individuelle und schicke Kindermöbel angesagt.

Oliver Wachenfeld; Koelnmesse
Oliver Wachenfeld; Koelnmesse

Im textilen Bereich punkten Kombinationsfreude und Stilbruch. Gefüttert vom Megatrend Individualisierung wird das Wohnen vor allem im textilen Bereich noch einmal deutlich bunter. Hinzu kommen immer mehr mutige Endkunden, die Farben und Dessins frei miteinander kombinieren. Streifen, florale Stoffe, abstrakte Grafik, das Thema Farben und Muster bei Bezugsstoffen ist sehr vielfältig. Auch das Ornament bleibt als opulentes Dessin ein beliebtes Thema. Bei allen Stoffen spielt das haptische Erleben nach wie vor eine große Rolle. Moderne Bezugsstoffe können sehr glatt, weich oder reliefartig sein und das alles auch zusammen. Die Auswahl quer durch alle angebotenen Stil-Genres führt unweigerlich zu einem Stilbruch. Dieser ist den Menschen aber willkommen, da sie damit ihre Einzigartigkeit zum Ausdruck bringen können.

Mehr als Frontenkosmetik. Oberflächen von sogenannten Kastenmöbeln werden interessanter. Sei es bei Elementen von Wohnwänden, bei Kleiderschränken, Sideboards, Kommoden oder anderen Schränkchen, überall finden sich attraktive Fronten, die beispielsweise Muster, 3-D Elemente oder Strukturen aufweisen. Bis hin zu handgefertigten Schnitzereien ist in der neuen Front alles erlaubt.

Das Sitzen wird bequemer! Heute bleiben die Menschen auch nach dem Essen am Esstisch sitzen und ziehen nicht wie früher ins Wohnzimmer um. Die Möbelindustrie zeigt daher besonders viele und individuell zusammenstellbare Esssessel. Ob Leder oder Stoff, die neue Esssesselgeneration besticht durch Komfort und Bequemlichkeit. Angelehnt an die dynamische Ergonomie der Büroarbeitsstühle vergeht ein Abend bei Freunden wie im Flug. Stühle 2016 haben oft Lounge-Charakter, sind filigran, leicht zu transportieren und erinnern auch an die zierlichen Entwürfe der 1960er Jahre.

Ludolf Damen; Koelnmesse
Ludolf Damen; Koelnmesse

Auffällig: Zwei Trends bei Tischen! Erstens der steigende Anteil von Massivholz und zweitens neue Lösungen für Tischbeine. Massivholztischplatten werden vor allem in Eiche und Nussbaum angeboten und nun aber auch gerne mit bunt lasierten Tischbeinen oder Metallgestellen kombiniert. Massivholz muss also nicht mehr naturbelassen und holzfarben sein. Die Natursehnsucht erfährt eine Neuinterpretation mit Hilfe von Farben. Bei den Tischbeinen sind den Designern neuartige Lösungen eingefallen. Beispielsweise gibt es Tischbeine, die sich überkreuzen oder solche, die krumm aussehen, natürlich ohne an Stabilität zu verlieren.

Regal ist nicht gleich Regal. Auf der imm cologne 2016 erwartete die Besucher eine enorme Vielfalt von frei zusammenstellbaren Regalmodulen, die teilweise sogar ohne jegliches Werkzeug zusammengebaut, auf jede Bedürfnislage und Wohnsituation angepasst werden können. Egal, ob man im Altbau mit hohen Decken oder im 2,50 cm hohen Neubau wohnt, egal ob man eine Dachschräge hat oder die Module als Sideboard für den Flachbildschirm einsetzen will. Regalmodule sind flexibel, leicht, erweiterbar. Und Umzüge sind mit kleinen Modulen komfortabel und unkompliziert. Die Nachfrage übrigens ist trotz E-Book ungebrochen hoch.

Design wird internationaler

Da Design in jeder Zeit Ikonen produzieren kann, ist es folglich mit dem Zeitgeist eng verknüpft. Aktualität, Modernität und Neuheit werden im Entwurf vereint. Ein typisch deutsches Design gibt es dabei heute nicht mehr. Es gab den Biedermeier-, den Jugend- und den Gründerzeitstil mit seiner charakteristischen Formensprache, dann die Bauhaus-Schule mit ihrer sachlichen Interpretation von Design. Heute ist Design international. Man kann hinterher immer sehen, aus welcher Epoche ein Möbelstück ist, nicht aber, aus welchem Land es stammt. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts machte man dafür die Internationalisierung durch eine sogenannte kulturelle Kolonisierung verantwortlich. 150 Jahre später die Globalisierung, weil die Möbel weltweit eine globalere Formensprache annehmen, die sich vor allem im urbanen Raum durch die sich anpassenden Wohngewohnheiten ergibt. Design will immer nur das Eine: Gefallen! Egal woher es stammt.

Die Menschen lieben das Wohnen. So blickt die Möbelbranche 2016 positiv optimistisch in die Zukunft.

Quelle: Verband der Deutschen Möbelindustrie e.V.

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