Immobilienrecht

Übergabe der Wohneinheit – Rechtsprechung zum Bauträgerrecht

Übergabe de Wohneinheit Foto: goodluz / shutterstock.com
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Der Vorsitzende Richter beim 21. Zivilsenat des Berliner Kammergerichts, Herr Björn Retzlaff, hat im Dezember 2018 drei Entscheidungen seines Senats zum Bauträgerrecht vorgestellt und erläutert.

Alle Entscheidungen befassen sich mit der kritischen Phase der Übergabe der Wohneinheit. Das Interesse des Bauträgers ist, spätestens bei Übergabe der Wohneinheit eine möglichst vollständige Zahlung zu erhalten und dem Geld nicht hinterher laufen zu müssen. Ein Erwerber hat dagegen gute Gründe, einen angemessenen Teil der Zahlungen einzubehalten, wenn es konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen wesentlicher Mängel gibt.

Mit dem Urteil in der Sache 21 U 90/17 stellt der Senat eine zweigeteilte Pflicht des Bauträgers heraus. Dieser muss zum einen bis zur Übergabe die Wohneinheit ohne wesentliche Mängel herstellen. Bezüglich der Herstellungspflicht ist der Bauträger vorleistungspflichtig. Diese Pflicht geht jedoch nicht so weit, dass der Bauträger dem Erwerber bei Streit über das Vorliegen eines wesentlichen Mangels als zusätzliche Leistung einen gesonderten Nachweis darüber schuldet, dass kein wesentlicher Mangel vorliegt. Die Pflicht zur bezugsfertigen Herstellung der Wohneinheit korrespondiert mit einer Verpflichtung des Erwerbers, insoweit die Abnahme zu erklären. Kommt es über die Frage der Bezugsfertigkeit zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, ist am Ende faktisch die Einschätzung eines vom Gericht beauftragten Sachverständigen entscheidend. Bestätigt dieser die Auffassung, dass kein wesentlicher Mangel vorlag, war die Wohneinheit bezugsfertig und der Erwerber zur (Teil-)Abnahme verpflichtet. Bestätigt der Sachverständige hingegen die Einschätzung des Erwerbers, dass ein wesentlicher Mangel vorlag, so bestand auch keine Abnahmepflicht des Erwerbers.

Neben der Herstellungspflicht beschreibt das Kammergericht eine Übergabepflicht des Bauträgers. Hier besteht keine Pflicht zur Vorleistung, sondern diese ist im Austausch gegen die Zahlung der Rate für die Bezugsfertigkeit zu erfüllen. Die Juristen sprechen von einer Leistung Zug um Zug. Wenn also ein Bauträger die Wohneinheit bezugsfertig hergestellt hat, muss der Erwerber die nach dem Vertrag geschuldeten Zahlungen Zug um Zug gegen Übergabe der Wohneinheit anbieten. Weigert sich ein Erwerber, die nach dem Vertrag zur Übergabe geschuldeten Zahlungen tatsächlich anzubieten, so gerät der Bauträger mit der Übergabe der Wohneinheit nicht in Verzug. Das hat zur Folge, dass der Erwerber dann gegenüber dem Bauträger keinen Verspätungsschaden geltend machen kann, wenn nur aufgrund einer unberechtigten Zahlungsverweigerung des Erwerbers die Wohneinheit sehr viel später übergeben wird, als im Vertrag vorgesehen.

Die Mitteilung dieser Entscheidung dürfte vor allem einen pädagogischen Zweck verfolgen. Bauträgern, Erwerbern und den jeweiligen Anwälten soll deutlich vor Augen geführt werden, dass jede Seite bei einer Fehleinschätzung des Sachverhalts erhebliche Kostenfolgen drohen. Ein Bauträger, der rigoros auf vollständiger Zahlung sämtlicher Raten besteht und dabei das Vorliegen von Mängeln ignoriert, muss bei zu Unrecht verweigerter Übergabe der Wohneinheit mit erheblichen Schadensersatzforderungen des Erwerbers rechnen. Umgekehrt tut sich kein Erwerber einen Gefallen damit, aufgrund spekulativer Annahmen zum Vorliegen von Mängeln einen zu großen Teil der Zahlungen einzubehalten. Was theoretisch in einem Satz festzuhalten ist, kann in der Praxis sehr schwierig sein: Jede Seite ist gehalten, ihre Rechte mit Sorgfalt und Augenmaß wahrzunehmen.

Mit zwei Urteilen schon aus dem Jahr 2017 (21 U 79/17 und 109/17) hat der 21. Senat des Kammergerichts entschieden, dass eine Übergabe der Wohneinheit durchaus auch per einstweiliger Verfügung erwirkt werden kann. Der Grundsatz, dass es im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu einer Vorwegnahme der Hauptsache kommen darf, steht dem nach Auffassung des Senats nicht entgegen. Es bestehe ein Grund zum Erlass einer einstweilige Verfügung gegen einen Bauträger, die bezugsfertig hergestellte Wohneinheit dem Erwerber zu übergeben, wenn auch unter den eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes zuverlässig feststellbar ist, dass nach dem materiellen Recht ein dahingehender Anspruch des Erwerbers einredefrei besteht und der Bauträger die Erfüllung unberechtigt verweigert hat. Bei einem solchen Sachverhalt liege keine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vor. Lässt sich die Angemessenheit von Zahlungseinbehalten des Erwerbers zuverlässig klären, kann die Übergabe der Wohneinheit im einstweiligen Rechtsschutz verfügt werden. Auch die Beseitigung bei Abnahme vorbehaltener Mängel steht einer Verfügung zur Übergabe der Wohneinheit nicht entgegen, wenn dadurch der Bezug der Wohneinheit nicht wesentlich erschwert wird.

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    Rechtsanwalt Percy Ehlert
    Immobilien- und Baurecht
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