Immer wieder hört man von Problemen mit dem Baugrund, die bei der Errichtung von Gebäuden auftreten und in einzelnen Fällen sogar zu dessen Abriss oder Einsturz führen. Worauf Bauherren in diesem Zusammenhang achten müssen und wer wofür verantwortlich ist, darüber sprachen wir mit Dipl.-Ing. Heike Böhmer, Direktorin des Instituts für Bauforschung e.V. in Hannover.
Frau Böhmer, warum sind Informationen über die Qualität des Baugrundes für Bauherren so wichtig?
Bauland kann sehr unterschiedlich beschaffen sein. Alle relevanten Details sollten vor dem Kauf bekannt und baurechtlich geklärt sein. Eine Baugrunduntersuchung sollte deshalb bereits im Rahmen des Grundstückskaufs der erste Schritt im Prozess von Erwerb, Planung und Bau sein. Bestenfalls beauftragen das Baugrundgutachten Alteigentümer und Kaufinteressent gemeinsam. Mit dem Gutachten werden objektive Erkenntnisse verfügbar, welche Bodenschichten zu erwarten sind, welche Tragfähigkeit und Standsicherheit der anstehende Baugrund dem Bauwerk bietet und wie dieses gegründet werden kann. Wer ganz sicher gehen will, kann ein solches Gutachten mit einer Altlastenuntersuchung kombinieren. Der Kaufinteressent erhält so die wesentlichen Aussagen, die für die Planung des Gebäudes und die Kalkulation der Baukosten erforderlich sind. Daneben kommt der Alteigentümer seiner Verpflichtung nach, Kaufinteressenten über ihm bekannte Mängel ausreichend zu informieren bzw. diese zu beseitigen. Allerdings sind bei weitem nicht alle Verkäufer bereit, der Durchführung einer Baugrunduntersuchung vor Beurkundung des Kaufvertrages zuzustimmen. Oft wird also ohne Vorliegen eines Gutachtens beurkundet. In solchen Fällen bleibt es für die Erwerber wichtig, sich Klarheit über die Baugrundsituation zu schaffen. Dann eben unmittelbar nach Beurkundung und auf eigene Rechnung. Auf alle Fälle sollten Bauherren sicherstellen, dass bei Beginn der Planung und für die Verhandlungen mit bauausführenden Firmen das Baugrundgutachten als Planungs- und Verhandlungsgrundlage verfügbar ist.
Wie werden solche Untersuchungen durchgeführt und was kosten sie?
Mit Kernbohrungen durch eine Sonde werden mehrere Bohrkerne entnommen, die das Bodenprofil mit allen Erdschichten zeigen. Die Bohrungen werden in der Regel bis etwa 3 m unterhalb des späteren Fundaments geführt. Aus dieser Bodenprobe werden unter anderem Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit des Bodens und auf die Wasserverhältnisse im Erdreich gezogen (Baugrunderkundung). In Anhängigkeit von der Baugrundsituation kann es erforderlich werden, die Proben zusätzlich im Labor zu untersuchen. Aus den Ergebnissen können dann Empfehlungen für entsprechende Gründungen oder Abdichtungen, in Einzelfällen sogar für einen Bodenaustausch abgeleitet werden. (Baugrundgutachten). Je nach Aufwand fallen hierfür Kosten zwischen 500 und 2.500 € an.
Das sind nicht unerhebliche Kosten. Was können Bauherren selbst tun, um das Risiko besser abschätzen zu können?
Kostenintensiver ist es, den Baugrund nicht zu untersuchen und damit das Risiko nicht bewerten zu lassen! Das Ignorieren schützt eben nicht vor Problemen. Aber hilfreich sind Informationen, die künftige Bauherren selbst einholen können. Eine vorherige Nutzung als Deponie oder Industriestandort birgt zum Beispiel das Risiko von Altlasten. Grundstücke in Hanglage können wegen felsiger Untergründe besonders aufwändige Tiefbauarbeiten erfordern, sumpfige Böden eine entsprechende Entwässerung und Trockenlegung erforderlich machen. Manchmal helfen auch Straßennamen bei der ersten Einordnung: Der Straßenzug „Im Moore“ kann zumindest auf entsprechende Feuchtigkeitsrisiken hinweisen. Eine Baugrunduntersuchung ersetzt dies alles aber nicht.
Wie kann sich ein Bauherr absichern, dass die Baugrunduntersuchung durchgeführt wird?
Eine Baugrunduntersuchung sollte unbedingt im Bauvertrag mit vereinbart werden. Dabei sind Art und Umfang der Leistungen genau zu beschreiben.
Im Zweifel sollten Bauherren nicht zögern, sie selbst rechtzeitig in Auftrag zu geben. So schaffen Bauherren die Voraussetzung, dass die konkrete Baugrundsituation von vornherein bei Planung und Preisangebot des künftigen Auftragnehmers berücksichtigt wird. Ist die Baugrunduntersuchung im Leistungsumfang des künftigen Auftragnehmers enthalten, bestehen gute Chancen, dass die Kosten für das Gutachten entsprechend verrechnet werden.
Hat denn nicht der Planer dafür zu sorgen, dass die Baugrunduntersuchung durchgeführt wird?
Der Planer muss zumindest Bedenken anmelden, wenn sie nicht vorliegt, da ihm die Grundlage für eine fachgerechte Planung fehlt. Verantwortlich für die Durchführung und „Bereitstellung“ ist aber der Bauherr! Er ist als Auftraggeber für den Baugrund verantwortlich, muss den Baugrund untersuchen lassen und den Baugrund in den Vergabeunterlagen eindeutig und erschöpfend beschreiben. Er haftet für das Baugrundrisiko. Dieses Risiko lässt sich durch Ermittlungen und Untersuchungen zum Zustand des Baugrundes verringern mit dem Ziel, die Leistungspflichten der Planer und ausführenden Unternehmen eindeutig festlegen zu können.
Was haben „Abdichtungsmängel“ mit Baugrunduntersuchungen zu tun?
Eine ganze Menge, vor allem dann, wenn die Untersuchungen nicht durchgeführt wurden, fehlerhaft waren oder nicht entsprechend berücksichtigt worden sind. Das haben Studien, die wir gemeinsam mit dem BSB durchgeführt haben, bestätigt. Ein wesentlicher Bestandteil der Baugrunduntersuchung ist, wie sich das vorhandene (Grund-)Wasser im Boden verhält. Die so genannten Lastfälle beschreiben dabei die Einwirkung des Wassers im Boden auf erdberührte Bauteile und sind Grundlage der Wahl der Baukonstruktion, der Baumaterialien und der Abdichtungsart. Sind die Grundlagen nicht bekannt, kann auch die Wahl nicht fachgerecht erfolgen.
Gibt es denn in diesem Bereich so viele Wahlmöglichkeiten? In der Praxis sieht man immer nur die schwarzen Anstriche?
Bei den Lastfällen werden nach der geltenden Abdichtungsnorm (DIN 18195) nichtstauendes und aufstauendes Sickerwasser sowie drückendes Wasser unterschieden. Daraus sind dann die Anforderungen an die Gebäudeabdichtung abgeleitet. Nur aus den Ergebnissen einer entsprechenden Baugrunduntersuchung kann von einem Planer seriös hergeleitet werden, ob Bitumendickbeschichtungen, bahnenförmige Abdichtungen, eine „Weiße Wanne“ oder Drainanlagen erforderlich sind, mit welchen Produkten und wie diese ausgeführt werden müssen. Dabei spielen die Bodenart, die Durchlässigkeit und Versickerungsfähigkeit des Bodens sowie der höchste jemals gemessene Grundwasserstand eine wesentliche Rolle. Diese Maßnahmen sind nicht nur bei unterkellerten Gebäuden zu prüfen, sondern auch an den Bodenplatten nicht unterkellerter Gebäude und weiteren erdberührten Bauteilen, wie zum Beispiel Außenwänden.
Wo können private Bauherren Unterstützung bekommen, damit möglichst wenig schief geht?
Eine konstruktive und kommunikative Zusammenarbeit zwischen allen an Planung und Bau Beteiligten vor und während der Planungs- und Bauphase ist unerlässlich und damit Grundvoraussetzung für das Entstehen eines qualitativ hochwertigen, dauerhaft schadenfreien Gebäudes. Eine entsprechende unabhängige sachverständige Begleitung, wie sie etwa der Bauherren-Schutzbund e.V. anbietet, vor und während der Bauphase ist nachweisbar als zielführendes Mittel zur Steigerung der Bauqualität zu bewerten.
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