Hausbau-Tipps

Wenn die Kosten steil nach oben schnellen

Steigende Baukosten für Immobilien
Steigende Baukosten für Immobilien Foto: ©dederer - stock.adobe.com

Befragt: Bauass. Dipl.-Ing. Jürgen Becker, Bauherrenberater des Bauherren-Schutzbund e.V., Leipzig

Jürgen Becker, Bauingenieur mit Ingenieurbüro in Dinslaken und unabhängiger Bauherrenberater des Bauherren-Schutzbund e.V., zur Verteuerung des privaten Bauens und dazu, was Bauherren zu akzeptieren haben und was sie beeinflussen können

Herr Becker, Bauen ist unbestreitbar teurer geworden. Mit welchen Kostensteigerungen sind private Bauherren konfrontiert?

Jürgen Becker:  Grundstückspreise sind praktisch explodiert, erschwingliche Flächen kaum noch zu haben. Dazu sind die Kosten für Baustoffe und Ausstattung gestiegen, auch die Lohnkosten am Bau. Für einige Gewerke wie Dachdecker zahlt man 25 Prozent mehr als noch vor einigen Jahren. In unserer Ruhrgebietsregion beobachte ich, dass sich das Bauen im letzten Jahrzehnt um etwa ein Drittel verteuert hat. Für Doppelhaushälften z.B., die einst für 250.000 bis 300.000 Euro zu haben waren, werden jetzt 450.000 Euro aufgerufen. Zudem wachsen Gebühren und Abgaben – kurz gesagt, wer bauen will, muss immer tiefer in die Tasche greifen.

Den wenigsten steht ein unbegrenztes Budget für die Verwirklichung des Hausbauwunsches zur Verfügung. Wo können Bauherren ansetzen, die schärfer kalkulieren müssen? Lohnen Markt- und Preisvergleiche?

Becker:  Der Markt ist aufgeheizt. Er wird von Bauträgern dominiert, die überall Grundstücke aufkaufen, Bauobjekte planen und errichten. Mit ihnen bauen inzwischen rund 90 Prozent der privaten Bauherren. Nur etwa zehn Prozent haben eigene, oft vererbte Grundstücke. Markt- und Preisvergleiche sind demzufolge schwierig. Dennoch sollten diese nicht unterbleiben. Zu vergleichen ist beispielsweise das Leistungsspektrum einzelner Bauanbieter: Was bekomme ich für welches Geld? Das Angebot fällt durchaus unterschiedlich aus. Welchen Ruf genießt das Unternehmen? Auch darauf sollte man achten. Es gibt einige, die viel versprechen und wenig halten. Viele sind natürlich seriös. Die Zeit, alles zu hinterfragen und Alternativen wie auch andere Standorte zu prüfen, sollte man unbedingt aufwenden. Ich muss nicht hinnehmen, auf 350 qm zu überteuerten Preisen zu bauen. Davon sollten Bauwillige bei aller Marktverknappung die Finger lassen. Auch schnellen Lockangeboten zu folgen oder sich in einen Bauvertrag unter Zeitdruck drängen zu lassen, wird im Nachhinein meist teuer.

Alles sollte in die eigene Kalkulation einbezogen werden.

Becker: Richtig. Es reicht nicht, einfach zu rechnen: Ich zahle jetzt 800 Euro Miete, für dieses Geld kann ich auch ein Haus oder eine Wohnung abzahlen. Neben den eigentlichen Baukosten fallen diverse Nebenkosten an. Die stecken oft in Nachträgen, die durch unvollständige Baubeschreibungen nötig werden. In manchen dieser für den Bau so wesentlichen Unterlagen fehlen ganze Arbeitsgänge wie das Abfahren überschüssigen Erdaushubs. Sie werden erst nach Vertragsunterzeichnung offenbar und müssen oft vom Bauherrn zusätzlich beglichen werden. Abgaben und Gebühren sind einzuplanen, so die Grunderwerbssteuer, die in manchen Gebieten zu 6,5 Prozent auf die gesamte Bausumme erhoben wird. 15 Prozent etwa sollte man an Nebenkosten zur eigentlichen Bausumme hinzurechnen. Ein kühler Kopf hilft in jedem Fall, mit Bedacht zu entscheiden. 

Was kann ich als privater Bauherr verhandeln?

Becker: Die Spielräume sind kleiner geworden. Das sehe ich in unserer Beratungspraxis, in der wir Bauherrenberater die Verträge unserer Mitglieder auf technische Details checken und unsere BSB-Vertrauensanwälte auf juristische. Eine solche Prüfung vor Vertragsunterzeichnung durch unabhängige Experten ist unbedingt anzuraten. Wir schätzen das Gesamtrisiko und geben den Bauherren Empfehlungen für die Vertragsverhandlungen auf den Weg, denn Verträge beruhen immer noch auf Gegenseitigkeit. Alles, was Bauunternehmen an vorformulierten Vertragsbedingungen präsentieren, muss nicht widerspruchslos hingenommen werden. So kann man schauen, was bei Sonderleistungen herauszuholen ist. Wichtig ist, auf eine zeitnahe Mängelbeseitigung zu drängen und bei der letzten Zahlungsrate genügend finanziellen Spielraum zu vereinbaren. Bei der Mängelaufdeckung hilft beispielsweise die Baubegleitende Qualitätskontrolle, die der BSB anbietet.   

Auch bei der Haustechnik lässt sich auf die Kosten achten.

Becker:  Bauherren sollten trotz des nachvollziehbaren Wunsches, das Eigenheim technisch auf dem neuesten Stand auszurüsten, das Ausstattungsniveau an die eigenen Bedürfnisse und finanziellen Spielräume anpassen. Was ist tatsächlich nötig? Komplizierte Regeltechnik? Automatisierung? Wlan- Vernetzung im ganzen Haus? Hochwertige Haustechnik hat ihren Preis. Auch die Heiztechnik und das energetische Konzept – von Bauträgern in der Regel vorgegeben – sollte auf Plausibilität und Wirksamkeit überprüft werden. Passen diese fürs konkrete Bauvorhaben? Wie sehen beispielsweise Contracting-Verträge für Wärme aus dem Blockheizkraftwerk in ihrer Kostenstruktur aus? 

Wie weit muss in die Zukunft gerechnet werden?

Becker: Vorausschauend mit allen Konsequenzen. Wie lange dauert es, bis der Kredit abgezahlt ist? Lange Zinsbindungen sind bei derzeit niedrigen Bauzinsen unbedingt empfehlenswert und sollten mit der Bank vereinbart werden. Welche Eventualitäten im Familienleben oder beim Job sind vorauszusehen? Wird das Haus einmal fürs Alter passen? Viele Bauherren aber – und das beobachte ich immer wieder – denken nicht so weit. Sie sind von ihrem Haustraum beseelt, bauen für jetzt und heute und eher größer als kleiner. Weitsichtig aber ist, bei einer im Leben einmaligen Investition auch das gesamte Leben im Blick zu haben.

Weitere Informationen unter www.bsb-ev.de

Quelle: Bauherren-Schutzbund e.V.

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