Baugenehmigungen vor und nach der Pandemie
Die Corona-Pandemie sorgt in den nächsten Jahren für einen Bauboom bei Ein- und Zweifamilienhäusern. Das prognostiziert Aengevelt Research auf Basis einer Auswertung der Baugenehmigungen, die einen Frühindikator für die zukünftige Bautätigkeit darstellen.
Die Attraktivität der Eigenheime hat durch die Infektion stark zugenommen, auch im Vergleich zu den Eigentumswohnungen, deren Genehmigungszahlen nahezu unverändert blieben. Durchaus bescheiden fällt auch der Zuwachs bei den Geschosswohnungen im Mietwohnungssektor aus. Insgesamt ist die für den Abbau des Wohnungsmangels dringend benötigte Mehrleistung beim Wohnungsbau im Eigenheimsegment fast dreimal so hoch wie im Mietwohnungssektor.
Aengevelt Research hat die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Statistik der Baugenehmigungen für das erste Quartal 2021 ausgewertet und mit den Baugenehmigungen aus dem noch nicht von der Pandemie beeinflussten Vorjahreszeitraum verglichen. Damit ist es zum ersten Mal möglich, die Auswirkungen von Corona auf die Investitionstätigkeit im Immobiliensektor saisonbereinigt zu messen, zumal die Baugenehmigungszahlen in den Vorjahren nur geringen Schwankungen unterlagen. Auch wenn nicht jede Genehmigung zu einem konkreten Bauvorhaben führt, stellen Baugenehmigungen einen Frühindikator für Baufertigstellungen dar, die in der Regel in den Folgejahren stattfinden.
Größter Genehmigungszuwachs bei Ein- und Zweifamilienhäusern
Den größten Zuwachs gab im ersten Vierteljahr 2021 bei der Zahl der Genehmigungen für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern, die deutlich um 38% gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum gestiegen ist.
Damit bestätigten sich die Ergebnisse einer Prognose, die Aengevelt Research auf der Basis einer bundesweiten Umfrage unter Immobilienexperten abgegeben hatte: Quarantäne, Homeoffice, Kontaktverbot und Ausgangssperre haben das Interesse am freistehenden Eigenheim stark gesteigert.
Bei den Genehmigungen für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gab es zwar auch eine Steigerung, die mit 9 Prozent jedoch vergleichsweise bescheiden ausfiel.
Bei Eigentumswohnungen betrug der Zuwachs gegenüber der Vor-Pandemie-Zeit sogar nur 1 Prozent.
Es ist also die Bauform des Ein- bzw. Zweifamilienhauses mit ihrer Großzügigkeit, dem Garten und den Außenbereichen, die diesen Objekttyp so attraktiv macht. Verantwortlich für die Steigerung der Baugenehmigungen war quer über alle Wohnungstypen hinweg nur eine Kategorie von Bauherren: Private Haushalte, die 39 Prozent mehr Wohneinheiten genehmigt bekommen haben, im Eigentumssektor ebenso wie als Bauherren von Mietwohnungen.
Bestätigt werden diese Ergebnisse von den Entwicklungen an den Grundstücksmärkten u.a. der Aengevelt-Standorte Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt, Leipzig und Magdeburg: In allen Märkten legte das Transaktionsvolumen im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser im Pandemiejahr 2020 gegenüber dem Vorjahr zu und übertraf zudem das jeweilige Dekadenmittel. Zum Teil wurden dabei sogar neue Rekordwerte erzielt, z.B. in Düsseldorf (EUR 504 Mio.), Leipzig (EUR 162 Mio.) und Magdeburg (EUR 91 Mio.).
Prof. Dr. Volker Eichener von der Hochschule Düsseldorf zur Aengevelt-Analyse:
„Ausgerechnet jetzt, wo eine politische Diskussion aufgekommen ist, ob das Einfamilienhaus ökologisch verträglich ist und überhaupt noch genehmigt werden sollte, zeigt die Bevölkerung eine große Bereitschaft, in Eigenheime zu investieren.
Das sind höchst willkommene Beiträge zur Bewältigung der Wohnungsnot, weil jeder Neubau hilft, den Wohnungsmarkt zu entlasten und jedes Eigenheim einem Wohnungssuchenden einen Konkurrenten erspart. Und mit ihren Gärten, Blütenpflanzen und Feuchtbiotopen können Einfamilienhaussiedlungen die ökologische Qualität von Städten durchaus nachhaltig verbessern.“
Die Corona-Pandemie hat die Attraktivität von Investitionen in Immobilien generell gesteigert – auch dies hatte Aengevelt Research bereits im Oktober 2020 festgestellt. Die gilt auch für Nichtwohngebäude. Im ersten Vierteljahr 2021 sind Genehmigungen für 5 Prozent mehr Nutzfläche erteilt worden als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dabei sind allerdings erhebliche Verschiebungen zwischen den Immobilientypen zu beobachten. Bei den Anstaltsgebäuden, zu denen auch Kliniken zählen, gab es eine Steigerung der genehmigten Nutzfläche um 39 Prozent. Bei Büro- und Verwaltungsgebäuden war zwar nur ein minimaler Zuwachs von 1 Prozent zu verzeichnen, der allerdings bemerkenswert ist, weil er zeigt, dass das Homeoffice offensichtlich nicht dazu führt, dass weniger Bürofläche erstellt wird.
Positive Erwartungen in eine anziehende Konjunktur spiegelt eine Steigerung von 5 Prozent bei nicht-landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden wider, während die genehmigten Flächen bei den Fabrik- und Werkstattgebäuden von einem ohnehin bereits seit langem niedrigen Niveau um weitere 27 Prozent zurückgegangen sind. Eine Steigerung bei den Flächen für Handels- und Lagergebäude um 18 Prozent zeigt den anhaltenden Boom der Logistikbranche, die aufgrund des stark angewachsenen Online-Handels zu den Gewinnern der Pandemie zählt.
Am überraschendsten ist eine Steigerung der genehmigten Fläche von Hotels und Gaststätten um 15 Prozent, die zeigt, dass diese Branche nach der Überwindung der Pandemie wieder optimistisch in die Zukunft blickt, wenn es zu einem derartigen Zuwachs bei den Bauanträgen und dementsprechend auch den Genehmigungen gekommen ist. In den nächsten Jahren werden wieder mehr Hotelneubauten zu erwarten sein.
Blickt man auf die Bauherren von Nichtwohngebäuden, lässt sich erkennen, dass die Zuwächse nahezu ausschließlich von Unternehmen des tertiären Sektors (Finanzwesen, Versicherungen, Handel etc.) getragen werden, während bei den öffentlichen Bauherren leichte Rückgänge der Bauaktivitäten zu erwarten sind. Die Bauinvestitionen des produzierenden Gewerbes werden, gemessen an der genehmigten Fläche, sogar um 18 Prozent zurückgehen. Nach den Erkenntnissen von Aengevelt Research sind die Verschiebungen der Bautätigkeit vom sekundären Sektor auf den tertiären Sektor nicht auf die Pandemie zurückzuführen, sondern auf den allgemeinen Strukturwandel der Wirtschaft, der sich bereits seit Jahrzehnten beobachten lässt.
Insgesamt zeigen die Analysen von Aengevelt Research, dass die Bauwirtschaft ab der zweiten Jahreshälfte 2021 und darüber hinaus mit steigenden Auftragseingängen rechnen kann. Die Corona-Pandemie veranlasst insbesondere Privatanleger dazu, vermehrt in Immobilien zu investieren und insbesondere in Eigenheime, die man selbst nutzen kann. Der sprunghafte Anstieg bei den Genehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser zeigt, dass es die privaten Selbstnutzer sind, von denen die wirksamsten Beiträge zum Abbau des Wohnungsmangels kommen werden.
Quelle: Aengevelt Immobilien GmbH & Co. KG
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