So unterschiedlich die Menschen sind, so unterschiedlich sind ihre Vorstellungen und Wünsche fürs Wohnen. Eine allgemein gültige Aussage, wie das Haus fürs ganze Leben aussehen soll, kann es deshalb nicht geben. Manch einer sagt auch: Ein Haus fürs ganze Leben, das gehört der Vergangenheit an. Heute ist viel mehr Flexibilität gefragt. Mag sein. Nach einer aktuellen Umfrage von Bauherren-Schutzbund, Verband Wohneigentum und Institut für Bauforschung wünschen sich aber 90 Prozent der Befragten, so lange wie möglich im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung zu leben. Für sie ist es ganz offensichtlich doch ein sehr wichtiges Thema. Natürlich wissen wir nicht, wie unser Leben verlaufen wird. Aber sich Gedanken darüber zu machen, welche Anforderungen das eigene Haus bei sich ändernden Lebenssituationen erfüllen sollte, das geht sehr wohl. Die Lebensphasen verändern sich in einem Rhythmus von etwa 15 bis 20 Jahren. Es sollte möglich sein, das Haus dann den jeweils neuen Bedingungen anzupassen.
Wie sich Wohnansprüche wandeln
Meist wird der Entschluss zum Bau des eigenen Hauses gefasst, wenn die Familie gegründet ist und nach menschlichem Ermessen gesicherte Verhältnisse im Job bestehen. Viele Bauherren sind da zwischen 30 und 40 Jahren alt. Oft leben Kinder im Haushalt. Die Kinder sind klein, zumindest noch schulpflichtig. Ihre Ansprüche stehen im Vordergrund. Das Haus soll so kindgerecht wie möglich gestaltet sein. Jedes Kind soll sein eigenes Zimmer bekommen. Wenn möglich, ein Badezimmer für die Kinder, eines für die Eltern. Sie sollen Auslauf haben, drinnen und draussen. Ein Garten ist wünschenswert. Das Wohnumfeld soll kindgerecht sein. Schulen, Kindergarten, öffentliche Verkehrsmittel sollten in erreichbarer Nähe sein. Eine Siedlung, in der auch noch andere Kinder leben, vielleicht sogar mit einer Spielstraße – das wäre wunderbar.
15 bis 20 Jahre später hat sich die Lebenssituation der Hausbewohner grundlegend geändert. Die Kinder sind erwachsen, ziehen aus. Die Eltern sind nun zwischen 50 und 60 Jahren alt. Sie sind noch berufstätig, fit und gesund. Das Haus ist jetzt zwar ein wenig zu groß. Die Kinderzimmer werden nicht mehr gebraucht. Aber man kann den Raum noch gut nutzen, richtet sich vielleicht ein Gästezimmer ein, vielleicht wollen die Ehepartner auch getrennte Schlafzimmer haben. Das ist jetzt alles möglich.
Nach weiteren 15 bis 20 Jahren ist unser Ehepaar zwischen 70 und 80 Jahren alt. Möglicherweise lebt nur noch ein Ehepartner. Das Haus ist jetzt entschieden zu groß. Im Wohnumfeld wird nicht mehr nach der Spielstraße geschaut. Die Nähe von Einkaufsmöglichkeiten, Ärzten, der Apotheke sind mittlerweile viel wichtiger. Wenn möglich die Versorgung durch einen Sozialdienst.
Vorausschauend planen
Die Frage ist: Wie können junge Leute oder auch jung gebliebene ihr Haus so planen, dass es für die Familie gut nutzbar ist und auch im Alter noch funktioniert? Dabei liegt der Fokus im Grunde auf der letzten Phase, dem Alter, wenn eine gewisse Barrierefreiheit aufgrund von Einschränkungen notwendig wird.
Treppen und Schwellen
Die häufigsten Einschränkungen im Alter betreffen den Bewegungsapparat. Treppensteigen und Schwellen überwinden wird schwierig. Möglichst so zu planen, dass auf einer Ebene ein Wohnraum und ein Badezimmer schwellenlos zu nutzen sind, macht Sinn. Der Ausgang auf die Terrasse sollte eben sein. Wenn eine Treppe vorhanden ist, sollte sie eine angenehme Steigung haben und ausreichend breit sein. Auch mit kleinen Kindern ist ein schwellenloses Haus mit einer bequemen Treppe sehr praktisch und angenehm.
Badezimmer
Geräumige Badezimmer und bodengleiche Duschen gehören heute fast zum Standard im Neubau. Damit ist schon sehr viel gewonnen. Die bodengleichen Duschen sehen chic aus und sind barrierefrei. Nun muss das Badezimmer nur noch so gelegen sein, dass es im fortgeschrittenen Alter auch gut erreichbar und zugänglich ist. Dafür sind ausreichend breite Türen die Voraussetzung, wenn zum Beispiel Gehhilfen oder der Rollstuhl benötigt werden.
Flexible Nutzung von Räumen – Änderung der Wohnungsgröße
Die Möglichkeit einen Teil des Hauses als eigene Einheit mit Bad, WC und Kochgelegenheit abtrennen und nutzen zu können bringt viele Vorteile mit sich. Im günstigsten Fall sogar mit eigenem Eingang. Wobei der eigene Eingang auch eine Terrassentür sein kann. Das muss jedoch von Anfang an geplant werden. Die separate Einheit bietet sich zum Beispiel an für ein erwachsenes Kind, das noch zu Hause wohnt oder im Alter zur Vermietung oder als Wohnraum für eine Pflegekraft.
Renovierungszyklen
Wenn ein Haus für die Nutzung im Alter vorausschauend geplant wird, sollten größere Umbaumaßnahmen eigentlich vermeidbar sein. Umbauten sind immer mit Kosten und Beeinträchtigungen verbunden. Aber, wie der Mensch unterliegt auch ein Haus gewissen Lebenszyklen. Renovierungen und Erneuerungen sind in der Regel alle 30 Jahre notwendig. Das betrifft zum Beispiel Heizungsanlagen, Bäder, Böden, Fenster, Anstriche.
Wenn nicht von Anfang an alles gedacht wurde, oder auch aus Kostengründen nicht alles gleich verwirklicht werden konnte, sollte das zumindest bei der Renovierung nachgeholt werden. Wenn das Bad erneuert wird, dann barrierearm gestalten. Wenn die Terrassentür ausgetauscht werden muss, dann schwellenlos. Die ersten größeren Renovierungsarbeiten fallen in die zweite Nutzungsphase des Hauses. Die Bewohner stehen noch in Lohn und Brot. Die finanziellen Mittel sind so noch gut aufzubringen. Die Belastungen einer Renovierung können noch gut verkraftet werden. Spätestens jetzt gilt es, ans Alter zu denken.
Fazit
Es ist möglich, beim Neubau eines Hauses so weit in die Zukunft zu denken und zu planen, dass es familiengerecht ist und auch im Alter weiter bewohnt werden
kann, sodass man die gewohnte Umgebung und Nachbarschaft nicht verlassen muss. Damit diese vorausschauende Planung gelingt, müssen Bauherren und Planer ein gutes Team bilden.
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