Gartengestaltung

Urban Gardening: Was ist das?

Urban Gardening
Urban Gardening über den Dächern der Stadt Foto: CHUTTERSNAP on Unsplash

Die kleine grüne Revolution für das Leben in der Stadt: Urban Gardening

Immer mal wieder hört man von neuen Konzepten, die Stadt als naturferne menschliche Siedlungsverdichtung um ihre Schrecken der Eintönigkeit in Grau und Stein zu bringen. Dazu gehört seit jüngstem das Urban Gardening. An sich ist die Absicht einer Begrünung der Stadt ja nichts Neues – und doch verfolgt Urban Gardening einen anderen Ansatz.

Von der Notversorgung zum Hobby oder zu einem besseren Lebensgefühl

Die Idee, im städtischen Ballungsraum kleine Parzellen einzurichten, in denen Landwirtschaft betrieben werden kann, ist vielleicht so alt wie die Stadt selbst. Zu allen Zeiten hat man versucht, in der Stadt ökologische Nischen einzurichten, die gleichzeitig Erholung bieten und Nutzen in Form von Ernte abwerfen. Gerade in Zeiten, als keine Kühlketten existierten, sollten die Wege vom Erzeuger zum Verbraucher von verderblichen Nahrungsmitteln möglichst kurz sein. Aber auch die Sicherheit spielte eine Rolle. Die befestigte Stadt konnte während Belagerungen durch einen äußeren Feind auf Freiflächen hinter den Mauern Lebensmittel produzieren. So lange her sind diese Rückgriffe auf temporäre Feldarbeit noch nicht.

Noch im letzten Weltkrieg gab es wegen Ernährungsengpässen mancherorts ein Umfunktionieren von Parkflächen in Anbauzonen für Gemüse. Heute geht es dagegen mehr um ein Konzept der Aufwertung von Lebensbedingungen in der Stadt. Die Größe einer städtischen Parzelle für das Gärtnern kann unterschiedlich sein. Selbst ein Balkon allein kann für das Urban Gardening einer Familie eingesetzt werden, bis hin zu echten Anbaufeldern für eine Straße, eine Nachbarschaft, die Umwohner eines ehemaligen Hinterhofes, der einer neuen Nutzung zugeführt wird. Wo es an Grundfläche mangelt, kann mit Hängepflanzen ein Anbau in der Vertikalen versucht werden, z. B. mit Bohnen oder Tomaten. Hochbeete in Kästen oder Wannen sind dafür ebenfalls gebräuchlich. Sie sind so dimensioniert, dass sie auch bewegt werden können, sollte es nötig sein. Damit ist eine hohe Flexibilität in der Nutzung von Flächen für das Urban Gardening möglich, schließlich muss man dafür auch mit den Jahreszeiten arbeiten und den Wachstumszyklen der Pflanzen folgen. Während des Winters kann die Fläche dann nach Abräumen der Behälter anders genutzt werden, im Frühjahr wird wieder aufgestellt und frisch ausgesät.

Neuland und Anschauungsunterricht

Mit Urban Gardening zu einem besseren Lebensgefühl
Mit Urban Gardening zu einem besseren Lebensgefühl Foto: Jon Tyson on Unsplash

Urban Gardening verbindet mehrere Zwecke. Grünanlagen gleich welcher Art bieten Erholung im dichten städtischen Siedlungsraum. Die Beschäftigung mit Hängepflanzen, Bodenpflanzen, Stauden und Fruchtbäumchen kann Stadtbewohner an die Ökologie heranführen, die sonst mangels Grundstück mit Garten keine Gelegenheit bekommen, sich damit praktisch zu befassen und Kenntnisse zu erlangen. Das Gärtnern geschieht mit dem konkreten Wunsch, essbare Naturprodukte für die Küche zu erzeugen (Jedoch sind auch reine Ziergärten möglich). Anders als zwischen den Ruinen der letzten Kriegswochen zwar nicht aus reiner Not, sondern um seine Freizeit sinnvoll zu gestalten und landwirtschaftliche Erzeugnisse zu erhalten, die nicht erst von weit her transportiert werden mussten. Das wird wohl kaum in dem Umfang geschehen, dass man von einer Autarkie sprechen könnte. Es handelt sich mehr um ein Ergänzungsprogramm zu dem, was aus herkömmlichen Märkten an Lebensmitteln zu bekommen ist.

Der pädagogische Ansatz ist dabei nicht zu vergessen. Kinder, die in der Stadt aufwachsen und aus verschiedenen Gründen wenig Kontakt mit der Natur haben, können über Urban Gardening anschaulichen Unterricht zu ökologischen Themen und gesunder Ernährung erhalten. Das Gärtnern kann über längere Zeit betrieben Erfolgserlebnisse verschaffen, indem die Beteiligten das Gedeihen der angebauten Pflanzen als Folge ihrer Mühen ansehen. Um so mehr, wenn die geernteten Früchte besser schmecken sollten als Erzeugnisse aus der kommerziellen Landwirtschaft.

Erinnert uns das an die Kleingartenvereinsmeierei?

Ein Vorläufer des aktuellen ‘Urban Gardening’ ist wohl in der Schrebergartenbewegung vor etwa hundert Jahren zu sehen. Jedoch gibt es im Konzept viele Unterschiede. Schrebergärten waren Kleinparzellen in einem größeren Grundstück, die Arbeiterfamilien über Vereine angeboten wurden zum Ausgleich von der Industriearbeit, auf städtischem Gelände oder am Rand der Stadt, nicht sehr weit von Fabrik und Mietshäusern entfernt. Die Nutzung von Schrebergärten war stark reglementiert durch Satzungen der Organisation, unter der die Anlage betrieben wurde. Dagegen ist Urban Gardening sehr viel dezentraler und nicht auf einen Ort mit einem Zweck beschränkt. Außerdem ist es nicht an ein Pachtsystem mit Jahresbeiträgen gekoppelt oder ein Vereinswesen darauf begründet. Es liegt den Betreibern eines Projektes jedoch frei, eine Organisationsform für ihr gemeinsames Gärtnern zu wählen, die zu ähnlichen Strukturen wie die althergebrachten Kleingartenanlagen, Schrebergärten und Laubenkolonien führen.

Wo Leute für ein gemeinsames Ziel zusammenfinden

Und natürlich gibt es eine starke soziale Komponente im Urban Gardening. In solchen Erscheinungsformen, die über den familiären Umfang hinausgehen (für ein Mehrfamilienhaus, für eine Straße, für ein Viertel), können Menschen beim Gärtnern in der Stadt zusammenfinden, die sonst nichts oder wenig miteinander zu tun hätten. Das Urban Gardening ist reine Handarbeit, es kommen keine Maschinen zur Anwendung wie bei der Agrarindustrie auf riesigen Feldern oder in großen Gewächshäusern. Also ist es arbeitsintensiv und man kann es auf viele Freiwillige Personen verteilen. Würden die Beteiligten bezahlt werden müssen, würde es kaum Sinn machen. Als unentgeltliche, quasi ehrenamtliche Tätigkeit, über die sich Menschen für andere nützlich machen können und eine neue Art Gemeinschaft erleben, ist das Gärtnern in der Stadt aber machbar.

Andere Aktivitäten in der Gruppe schließen sich sehr wahrscheinlich an das Gärtnern an, etwa ein Fest und das gemeinsame Kochen (also die Zubereitung der Ernte als Nahrung). Somit hat das Urban Gardening eine identitätsstiftende Wirkung für die soziale Gruppe, die sich damit befasst. Am Rande des Phänomens werden sich auch neue Betätigungsmöglichkeiten etablieren, zum Beispiel die Herstellung von typischen Pflanzbehältern für diese Art der Nutzpflanzenkultivation. Handelt es sich um größere Kooperativen, wird eine Ernte über den Eigenbedarf hinaus Möglichkeiten für den Abverkauf von Produkten über eine Marktbeschickung oder einen eigenen kleinen Laden ergeben und damit einen Verkaufserlös bringen. Damit kann wiederum eine Gemeinschaftskasse unterhalten werden, aus der Investitionen für die Gartenarbeit wie die Anschaffung und der Ersatz von Gartengeräten bestritten werden.

Fazit: Das gemeinschaftliche Gärtnern als Sinnspender hat Zukunft

Dass Urban Gardening ist ein viel versprechendes Konzept, verschiedene gute Zwecke in sich zu vereinen: Beschäftigung im Freien und Grünen, Erlernen von Know How zum Gärtnern und unbelasteter Lebensmittelherstellung und Weiterreichen an Kinder, das Stiften von Gemeinsinn und Gemeinschaft mit Gleichgesinnten und Mitbewohnern. Für Leute mit grünem Daumen ein Weg, die Isolation des Einzelnen in der Stadt zu durchbrechen.

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